Wenn es um Noise Cancelling Kopfhörer geht gibt es eigentlich nur eine Marke, mit der man diese Eigenschaft seit Jahren verbindet. Bose. Schaut man sich im Zug oder im Flugzeug um und achtet mal darauf, ist der Bose QuietComfort sicherlich der am häufigsten getragene Kopfhörer. Nach dem stetigen Erfolg hat Bose seinem beliebtesten Kopfhörer nun das Kabel abgeschnitten und ihn drahtlos gemacht. Und um den Bose QuietComfort 35 soll es in diesem Test gehen.
Zudem werden wir uns die Frage stellen, ob der Bose QuietComfort 35 weiterhin der Klassenprimus unter den drahtlosen Active Noise Cancelling Kopfhörern ist. Denn nur, weil es alle behaupten, muss es ja noch lange keine Wahrheit sein. Nicht zuletzt sind in den vergangenen Monaten auch zwei starke Konkurrenzprodukte auf den Markt gekommen, der Sennheiser PXC 550 und der Sony MDR-1000X.
Somit ist dieser Bericht also auch ein wenig als Vergleichstest zwischen den drei aktuellen Spitzenmodellen zu sehen, welche es aktuell für um die 300-400 Euro im Einzelhandel zu erwerben gibt.
Ersteindruck
Aber fangen wir einfach von vorne an. Der Bose QuietComfort 35 ist in zwei Farben, Schwarz und Silber, erhältlich. Er kommt mit einem kompakten Reiseetui, sowie weiterem Zubehör. Hierzu zählen ein Flugzeugadapter, ein USB Ladekabel sowie ein Klinkenkabel. Zudem kann man die drahtlose Spielzeit in Kombination mit der Geräuschminderung von 20 Stunden auf 40 Stunden ausdehnen, wenn man das Kabel nutzt. Aber dann nutze ich lieber die Schnellladefunktion, bevor ich wieder ein Kabel nutze. Diese lädt den Kopfhörer nämlich innerhalb von 15 Minuten für weitere 2,5 Stunden drahtlosen Musikgenuss.
Natürlich funktioniert der Kopfhörer aber auch mit komplett leerem Akku in Verbindung mit dem Kabel. Dann muss man allerdings auf das aktive Noise Cancelling sowie den digitalen Klangprozessor verzichten.
Der Erstkontakt mit dem Bose war zunächst etwas ambivalent, denn auf den ersten Eindruck wirken die Kontrahenten etwas wertiger. Dies zeichnet sich z.B. durch die Verwendung von Leder sowie der Rasterung des Kopfbandes aus Metall aus. Der Bose wirkte dagegen etwas „billiger“. Beschäftigt man sich allerdings im Detail mit dem Kopfhörer wird man schnell feststellen, dass hier nichts billig ist. Denn Bose orientiert sich an der Zielgruppe und hat einen besonders robusten Kopfhörer entwickelt, welcher aus glasfaserverstärktem Nylon gefertigt ist. Und wenn ich selbst meinen Umgang mit dem Kopfhörer betrachte muss ich sagen, dass Bose hier einen fantastischen Job geleistet hat. Zwar liegt dem Lieferumfang das Reiseetui bei, aber benutzt habe ich es bisher noch nicht.
Auch die Scharniere, welche eine hohe Belastung aushalten müssen, sind aus korrosionsbeständigem Edelstahl gefertigt. Somit muss man sich auch hier keine Gedanken um einen vorzeitigen Verschleiß machen.
Neben dem Punkt Robustheit ist ein weiterer wichtiger Faktor das Thema Tragekomfort. Und spätestens hier dürften alle Zweifel vergessen sein. Im Vergleich zu den Konkurrenten ist der Bose QC35 mit Abstand der komfortabelste Kopfhörer aus dem Trio. Die Ohrpolster und das Kopfband sind einfach nur fluffig und himmlisch. Es ist eine wahre Wonne diesen Kopfhörer auf dem Kopf und über den Ohren zu haben. Besonders auch in der Kombination Brillenträger konnte der Bose am meisten überzeugen, da er die weichsten Polster hat.
Auch die Materialauswahl trägt hierzu bei. Das Kopfband ist mit Alcantara überzogen und die Ohrpolster sind aus Kunstleder. Dies ist nicht nur nachhaltig gedacht, sondern die Materialien sind auch sehr robust.
Zudem verfügt das Ohrpolster über eine Silikonschicht, die passiv zur Klangverbesserung beiträgt. Denn neben der eigentlich aktiven Geräuschunterdrückung ist die passive nicht weniger wichtig. Nur wenn die passive Abschirmung, durch vor allem einen guten Sitz, gewährleistet ist, kann auch die aktive Geräuschunterdrückung ihr Potenzial entfachen. Das könnt ihr bspw. auch ganz leicht feststellen, indem ihr das Ohrpolster einfach nur minimal anhebt. Schon kommen Außengeräusche mit hinein. Deshalb auch der Tipp weiter oben an Brillenträger. Ist das Polster zu hart oder zu steif und schließt nicht gut am Brillenbügel ab, habt ihr immer eine Durchlassstelle für Außengeräusche. Und das will keiner.
Nach einem ersten Zweifel nun also pure Begeisterung.
Am Kopfhörer selbst findet wir wenig Spielerei. Hierzu gehört ein An/Aus Schalter, der Gleichzeitig auch zum aktivieren des Koppelmodus genutzt werden kann. Das Noise Cancelling ist mit dem Einschalten des Kopfhörers immer aktiv und kann nicht separat ausgeschaltet werden. Weiterhin gibt es eine klassische Fernbedienung, wie man sie auch von der Kabelfernbedienung bspw. von seinen Apple EarPods kennt. Hiermit kann man die Musiksteuerung übernehmen sowie Telefonate annehmen. Ich persönlich finde die Tasten etwas besser im Vergleich zu den Touch Gesten des Sony oder Sennheiser. Mit der Taste erwische ich zumindest immer die Funktion, die ich auch möchte.
Unterhalb der Fernbedienung finden wir zudem noch zwei LEDs, zur Indikation des Akkuladestandes und der Bluetooth Verbindung. Weiterhin befinden sich auf der Unterseite des Kopfhörers zwei Anschlüsse. Der Micro-USB Anschluss dient zum Laden des Kopfhörers und der 2,5 Millimeter Klinkeneingang (kein Tippfehler, der ist wirklich kleiner) zum kabelgebundenen Musik hören. Zu guter Letzt besitzt der Kopfhörer auch noch Mikrofone. Somit könnt ihr den Bose QC35 also auch komfortabel zum Telefonieren nutzen.
Als letzten Punkt zu den äußeren Merkmalen ist mir noch aufgefallen, dass sich der Bose QuietComfort 35 am kompaktesten zusammenfalten lässt und somit am wenigstens Platz in der Tasche wegnimmt. Zudem ist er rund 40g leichter als der Sony, aber 7g schwerer als der Sennheiser.
Zusammengefasst. Lediglich beim ersten haptischen Kontakt liegt der Bose etwas zurück. Punkten konnte er mit exzellentem Tragekomfort, Robustheit und kompakten Abmessungen. Weiter im Test geht es mit den Noise Cancelling Eigenschaften sowie der Qualität der Musikwiedergabe.
Noise Cancelling
Die ist nun der eigentlich wichtige Grundbaustein, weshalb man sich einen solchen Kopfhörer kauft. Gerade in lauten Umgebungen, wie in Bahn oder dem Flugzeug, lernt man diese Eigenschaft als Vielreisender sehr schnell zu schätzen. Allerding muss man sich bei einem solchen Kopfhörer auch nicht der Illusion hingeben, dass man auf einmal gar nichts mehr hört, wenn man den Kopfhörer aufsetzt. Gefühlt bleiben immer noch etwa 20% der Umgebungsgeräusche wahrnehmbar. Lupft man aber einmal kurz das Ohrpolster in einer lauten Umgebung, ist man dennoch schnell wieder glücklich und zufrieden.
Weiterhin besitzen alle Kopfhörer, spielt man kein bzw. nur sehr leise Musik ab, ein Grundrauschen. Dies ist technisch bedingt, aber bei den Bose insgesamt am besten gelöst. Da am leisesten.
Die aktive Geräuschunterdrückung bzw. Geräuschminimierung kann der Bose auch gut bis sehr gut. Warum schreibe ich das? Nachdem ich den Kopfhörer ca. eine Woche genutzt hatte, war ich sehr zufrieden mit dem ANC. Es hat wirklich spitze funktioniert. Ein kleiner Nachteil hier war, dass man sich ein wenig wie in einer Tauchglocke gefühlt hatte. Dies äußerte sich durch einen gefühlt leichten Druck im Gehörgang. Nach ca. einer Woche hatte ich dann mal die Bose Connect App installiert und sogleich erschien auch der Hinweis auf ein Firmware Update, welches ich auch sogleich installierte.
Mit der Version 1.2.10 gab es dann aber ein ganz anderes Problem. Das Active Noise Cancelling funktionierte schlechter und auch der Sound war gefühlt schlechter. Konnte das sein? Ein Blick in die Foren bestätigte dann aber schnell meinen Höreindruck. Scheinbar gibt es hier ein Firmwareproblem, welches aber nicht offiziell bestätigt wurde. Allerdings gibt es einen Workaround, wie man wieder auf die Firmware Version 1.0.6 zurückgehen kann. Gesagt getan und schon war wieder alles gut. Allerdings verblieb immer noch dieser Druck im Gehörgang.
Da ich das Testmuster an Bose wieder zurücksenden musste, aber mir der Kopfhörer bis dato gefallen hatten, bestellte ich mir Kurzerhand einen eigenen QC35 auf Amazon. Einen Tag später war er auch schon bei mir. Und was eine Überraschung. Der Kopfhörer kam mit der FW Version 1.0.6 und klang perfekt. Auch der Druck war verschwunden. Ggf. war mein Review Sample also defekt? Auch hier startete ich dann kurzerhand das Firmware Upgrade auf die neuste Version 1.2.10. Allerdings muss ich auch hier feststellen, dass die Geräuschminderung schlechter geworden ist. Der Sound ist ebenfalls anders. Für den einen schlechter, den andern besser. Auf jeden Fall fehlt gefühlt etwas Bass und Volumen. Er klingt nun etwas neutraler und weniger poppig. Ergebnis. Ich habe wieder die Version 1.0.6 installiert und bin happy.
Auch wenn Bose dazu nicht wirklich etwas sagt, so ist es doch bezeichnet, wenn der bestellte Kopfhörer, welcher als Herstellungsdatum in der App Februar 2017 eingetragen hat, mit einer veralteten Firmware ausgeliefert wird?
Während Bose nur den direkten Weg geht und das Noise Cancelling immer aktiviert ist, kann man bei den beiden Kontrahenten das ANC auch ausschalten oder verschiedene Modi verwenden. Beim Sony MDR-1000X haben mir hier besonders gut die ANC Modi gefallen. Mit dem Stimmen Modus kann man bspw. noch gut Ansagen an Bahnhöfen oder Flughäfen wahrnehmen oder mit dem Ambiente Modus gleich die ganze Umgebung, wenn man ihn bspw. im Straßenverkehr trägt.
Beim Sennheiser kann man ebenfalls das ANC Level stufenlos einstellen. Zusätzlich besitzt dieser in der App noch einen steuerbaren Equalizer, sodass ihr zwischen verschiedenen Genres auswählen könnt bzw. die Soundsignatur auch komplett manuell beeinflussen könnt.
Welches ist nun der ANC Testsieger? Pauschal kann man hier nur schwer eine Aussage treffen und natürlich ist es auch in Teilen eine subjektive Wahrnehmung. Ich kann mich hier schwer zwischen dem Sony und dem Bose entscheiden. Mit der alten Firmware bei Bose liegen Sony und Bose etwa gleich auf, der Sennheiser ist etwas abgeschlagen. Nehme ich die neue Firmware beim Bose liegt der Sony deutlich vorne. Auch gerade dieser Stimmenmodus hat mich in der Bahn und am Flughafen überzeugt, wenngleich man auch schon recht nahe an der Schallquelle sitzen/stehen muss. Ist diese weiter entfernt, kommt auch beim Sony im Stimmenmodus nicht mehr ganz so viel an.
Weiterhin eine Einschränkung von ANC Kopfhörern ist der „Alltagsgebrauch“. Das gilt für alle drei Kandidaten. Man muss sich immer bewusst sein, dass dies Kopfhörer für einen speziellen Anwendungsbereich sind. Wer den Kopfhörer bspw. beim Spaziergehen nutzen möchte, wird bei allen drei enttäuscht sein, da bspw. Windgeräusche stark nach innen weitergeleitet werden und somit für ein permanentes Rauschen sorgen. Hier ist man mit einem normalen Over-Ear Kopfhörer mit guter passiver Geräuschunterdrückung besser bedient.
Für die beschriebenen Situationen in Bahn und Flugzeug, zu Hause oder im Büro eigenen sich ANC Kopfhörer allerdings sehr gut.
Also zusammengefasst streiten sich Bose und Sony um die Krone, der Sennheiser ist etwas abgeschlagen.
Soundqualität
Vorneweg. Ich bin hier kein Spezialist, um dies nun in aller Gänze beurteilen zu können. Gerade was den Sound der Kopfhörer angeht, ist dies ein sehr subjektives Empfinden und hier scheiden sich oft die Geister. Zudem bevorzugt jeder ein etwas anderes Sounding. Während mir eine leichte Bass und Höhen Anhebung „Spaß“ macht, bevorzugen andere lieber eine sehr neutrale Wiedergabe.
Auch hier kommt beim Bose QuietComfort 35 noch einmal das Thema Firmware auf, was ich oben schon beschrieben habe. Mit der alten Firmware finde ich den Sound sehr gelungen und er entspricht meinem Geschmack. Der Klang ist etwas gesoundet und klingt eben etwas poppiger und voluminöser. Die neue Firma ist da eher etwas flacher und weniger stark betont.
Der Sony hingegen spielt so wie der Bose mit alter Firmware und zusätzlich noch mit etwas mehr Detail und Körper. Insgesamt für mich der beste Klang. Rein subjektiv.
Der Sennheiser spielt sehr neutral mit Hang zum analytischen, was persönlich meinem Geschmack nicht so sehr entspricht. Aber rein objektiv ist dies sicherlich der beste Klang. Objektiv heißt so viel wie, dass eine neutrale und unverfälschte Wiedergabe das Optimum ist.
Aber für viele ist das Optimum eben subjektiv und jeder hat da so seine Vorlieben. Aber rein von meinem persönlichen Empfinden liegt der Sony klanglich vor dem Bose und der Sennheiser dahinter.
Allgemein
Sehr gelungen beim Bose finde ich die Bluetooth Konnektivität. Zum einen ist die Verbindungsqualität sehr gut, zum anderen lassen sich Gleichzeitig mehrere Geräte koppeln und zwischen diesen wechseln. Das funktioniert bei den anderen beiden nicht so gut und einfach.
Fazit
Das war viel Text für einen Kopfhörer. Ich weiß. Nur leider lässt sich das nicht in wenigen Worten beschreiben, was die Unterschiede und Merkmale sind, dennoch versuche ich es hier einmal zusammenzufassen. Bei Kaufinteresse empfiehlt es sich für die Details aber den ganzen Text zu lesen.
Der Bose QuietComfort 35 überzeugt nach meinem Gefühl mit einem starken Gesamtpaket. Es bietet den besten Tragekomfort und lässt sich am kompaktesten zusammenfalten. Mit der alten Firmware bietet er zudem erstklassiges Noise Cancelling und einen guten Sound. Beim Sony MDR-1000X hat man im ersten Moment einen etwas wertigeren Eindruck und der Klang ist noch mal einen Tick besser. Beim ANC liegen die beiden etwa gleich auf, wenngleich der Sony, je nach Anwendungsbereich, für den ein oder anderen die bessere Empfehlung sein kann.
Ist der Bose QuietComfort 35 also weiterhin der Klassenprimus? Ich würde sagen, dass er sich den ersten Platz mit dem Sony teilen muss. Rein von meinem subjektiven Empfinden würde ich den Bose zwar vorziehen, aber betrachtet man es rein objektiv liegen beide etwa gleich auf. Und betrachtet man es für jede einzelne Disziplin, so hat der Sony den Bose in einigen Bereichen überholt.
Den Sennheiser habe ich hier weniger behandelt, da er mir persönlich nicht so gut gefallen hat. Aber am besten vergleicht ihr einmal selbst, welcher Kopfhörer euch am besten gefällt.
Danke für diesen tollen Beitrag
War sehr aufschlußrecih und ich konnte einige Dinge mitnehmen
Werde nun doch regelmäßig reinschauen und freue mich uf weitere Infso
Viele Grüße
Helge